Julia Lepperhoff

November 2021

Prof. Dr. Julia Lepperhoff leitet das Kompetenzteam “Frühe Bildung in der Familie” des BMFSFJ an der Evangelischen Hochschule Berlin (EHB) und beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit dem Thema Elternbegleitung. In diesem Zusammenhang übernimmt sie die wissenschaftliche Begleitung von „Elternchance“. In ihrem Studium der Politikwissenschaft in Marburg und Berlin hat sie sich im Bereich der Sozialpolitik spezialisiert. Als Professorin an der EHB im Studiengang Soziale Arbeit ist sie in der Lehre vor allem mit dem Schwerpunkt Familienpolitik sowie Kinder- und Jugendhilfe aktiv. Ihr zentrales Anliegen ist die praxisorientierte Forschung zu Zielen, Akteuren und Konzepten der Familienbildung sowie zur familialen Bildungsbegleitung.

Was bedeutet die Pluralisierung familialer Leitbilder für die Familienförderung? Inwieweit spielt Elternbegleitung dabei eine Rolle?

Die Einrichtungslandschaft für Familien ist vielfältiger geworden – genauso wie die Familien selbst. Das zeigt auch die aktuelle Studie des Bundesfamilienministeriums zu Familienbildung und Familienberatung. Es gibt nicht nur neue Einrichtungsarten und -konzepte, wie z.B. Familienzentren in Kindertagesstätten oder Mehrgenerationenhäuser, sondern auch die Kooperationen und die Vernetzung untereinander haben sich verstärkt. Zudem wird der Blick auf Familien intensiviert, die sich in besonderen Belastungssituationen und sozial benachteiligenden Lebenslagen befinden. Elternbegleitung setzt hier auf die Zusammenarbeit mit Familien auf Augenhöhe. Wie es Elternbegleiter:innen immer wieder gelingt, ein Vertrauensverhältnis zu ganz unterschiedlichen Familien aufzubauen, hat mich von Anfang an beeindruckt.

Welchen  Mehrwert hat die Qualifizierung für die Arbeit der Fachkräfte, z.B. in einem Familienzentrum? Welche Erkenntnisse haben Sie dazu aus Ihrer wissenschaftlichen Begleitung gewinnen können? 

Eine wichtige Erkenntnis aus der Evaluation der Qualifizierung zur Elternbegleitung ist, dass die Qualifikation von den Fachkräften als äußerst praxisrelevant bewertet wird und unmittelbar Eingang in ihr berufliches Handeln findet. Vor allem in den Bereichen Kommunikation und Beratung hat sich der Instrumentenkoffer der Fachkräfte erweitert. Auch wird durch die Qualifizierung das Angebot bunter: Feste Kurse und Gruppen werden durch niedrigschwellige Angebote wie offene Treffs oder aufsuchende Formate erweitert. Auch die digitalen Angebote nehmen zu. So tragen Elternbegleiter:innen wesentlich dazu bei, dass Familienbildung alltagsnah ist und passgenau agieren kann.

Das ESF-Programm “Elternchance II – Familien früh für Bildung gewinnen” neigt sich dem Ende zu. Was hat die Eltern- und Bildungsbegleitung bis heute erreicht und wo kann die Entwicklung weitergehen?

„Elternchance“ hat wirklich viel erreicht – ich denke sogar wesentlich mehr, als alle am Anfang erwartet haben. Die wichtigsten Veränderungen sind: ein stärker vorausschauendes und damit präventives Arbeiten; mehr integrierte Angebote, die sich an die gesamte Familie richten; größere Sozialraumorientierung und einrichtungsübergreifende Professionalisierung – und das Wichtigste: Eltern werden von Anfang an gestärkt, ihre Kinder feinfühlig und lernanregend im Bildungsprozess zu begleiten. Denn dass das Thema der kindlichen Bildungsprozesse und der elterlichen Bildungskompetenz so ein wichtiges Thema in der Familienförderung werden würde, war vor gut zehn Jahren noch gar nicht absehbar. Die positiven Erfahrungen mit diesem erfolgreichen Ansatz sollten in der Zukunft auch systematisch auf den Grundschulbereich übertragen werden. Auch der grundlegende Einbezug von Elternbegleitung in die Planung der Kinder- und Jugendhilfe vor Ort wäre für die Verstetigung von Erziehungs- und Bildungspartnerschaften ein Gewinn.

Was war rückblickend auf die letzten 10 Jahre eine Ihrer spannendsten Feststellungen in der wissenschaftlichen Begleitung von Elternbegleitung?

Der durchschlagende Erfolg der Elternbegleiter:innen-Qualifizierung. Dies zeigen nicht zuletzt die sehr hohen Zufriedenheitswerte der Teilnehmenden an dieser Weiterbildung. Die starke Motivation und die Kreativität der Elternbegleiter:innen sind beindruckend. Sie haben eine große Bandbreite von unterschiedlichsten Angebotsformaten auch gegen Widrigkeiten ausprobiert und umgesetzt, wie etwa aufsuchende Angebote auf Spielplätzen oder in Notunterkünften. Wir als Kompetenzteam sind glücklich darüber, dass es durch Elternbegleitung gelungen ist, das Spektrum der erreichten Familien zu erweitern und dadurch letztlich mehr Teilhabe für alle Kinder zu ermöglichen.

 

 

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