Gośka Soluch

Diversität in der Elternbegleitung

Februar 2023

Gośka Soluch ist Dipl.-Sozialwissenschaftler:in, Supervisor:in, Prozessbegleiter:in sowie langjährige Dozent:in der Qualifizierung von Elternbegleiter:innen.

Motor ihrer Arbeit ist das macht- und gesellschaftskritische Engagement, denn es ist ihr wichtig, auf unterschiedlichen Ebenen gegen Diskriminierungen anzutreten. Eine humorvolle Art, die dialogische Haltung und Prozessorientierung sind dabei ihre ständigen Begleiter.

Seit 2013 qualifizieren Sie pädagogische Fachkräfte der Familienbildung zu Elternbegleiter:innen – Was fasziniert Sie an dem Qualifizierungsangebot?

Es gibt mehrere Punkte, die mich seit Beginn meiner Tätigkeit als Dozent:in an der Qualifizierungsreihe faszinieren.

Als erstes möchte ich den zeitlichen Rahmen erwähnen: 13 Tage auf 3 Module aufgeteilt. Die zeitliche „Ruhe“, die für mich als Dozent:in dadurch entsteht, ermöglicht inhaltlich präzise auf die Bedürfnisse der jeweiligen Gruppe und der einzelne Personen im Gruppenprozess einzugehen. Die persönliche Begleitung jedes einzelnen Teilnehmenden empfinde ich schon von Anfang an als ein großes Privileg.

Mein zweiter, auch sehr wichtiger Punkt, ist die thematische Vielfalt des Curriculums. Der bunte Strauß an Inhalten, wie zum Beispiel die dialogische Haltung, Diversität, Kommunikation, Netzwerke, Bildung, eigene Rolle etc. hat mich schon vor 10 Jahren als Dozent:in sehr überzeugt. Es gibt immer wieder Momente, bei denen ich behaupten könnte, die Inhalte der Qualifizierungsreihe selber erfunden zu haben - so sehr stehe ich hinter dem Gesamtkonzept.

Ich bin überzeugt, dass die „Endverbraucher:innen“ - also die Familien - in den qualifizierten Elternbegleiter:innen Personen erleben, die sich eigener Stärken und eigener Grenzen bewusst und emphatisch sind, im Sozialraum gut vernetzt und vor allem aus der Idee der Lösungsorientierung heraus pädagogisch interagieren.

Gibt es bemerkenswerte Momente oder Begegnungen während Ihrer Tätigkeit als Referent:in für die Qualifizierungskurse zum Elternbegleiter / zur Elternbegleiterin, die Sie nicht vergessen und in Erinnerung behalten werden? 

Zugegebenermaßen ist es eine sehr schwere Frage. Jede der vielen Qualifizierungsreihen, die ich in den letzten 10 Jahren doziert habe, hat einen eigenen Mikrokosmos entstehen lassen. Die Teilnehmenden finden oft neue Verbündete, erleben Aha-Momente und inhaltliche und berufliche Krisen, lernen Perspektivoffenheit auszuhalten und sie zum eigenen Konzept zu machen. Das bringt viel Dynamik mit sich, was meinerseits gewollt ist. Nichts wiederholt sich. Sehr einmalig und einzigartig. Jede Person bekommt eine konsequente Einladung, sich auf die eigene Haltungssuche zu machen. Also ganz im Sinne der Diversitätssensibilität: Individualität steht an erster Stelle. Dies seit Jahren moderieren zu dürfen, ist ein riesiges Geschenk für mich.

Eines Ihrer didaktischen Mottos lautet „Durch Reibung entsteht Wärme!” Wie setzen Sie das in Ihrer Zusammenarbeit mit den pädagogischen Fachkräften um?

Alles begann vor vielen Jahren mit meiner Faszination für den Bereich der Perspektivoffenheit. Was passiert mit uns, wenn wir nicht aus dem „ABER“, sondern aus dem „UND“ miteinander interagieren?! Was muss methodisch und didaktisch passieren, damit meine Wirklichkeit als ein Bruchteil der gesamten Wahrheit von mir verstanden wird?

Das Motto Durch Reibung entsteht Wärme!” unterstützt mit einem weiteren sehr wichtigen Motto „Diversität beginnt mit dir!“ sind für mich zum wichtigsten Fundament für meine eigene Haltung und den methodischen Aufbau meiner Weiterbildungen geworden. Also Auseinandersetzungen und unterschiedliche Meinungen sind sehr willkommen. Vorausgesetzt, ich höre möglichst nie das Wort „ABER“.

Die dialogische Haltung ist für Sie das Fundament, auf dem Sie die Inhalte der Weiterbildung aufbauen. Welche Erfahrungen machen Sie mit diesem Ansatz?

Die dialogische Haltung ist eine großartige Unterstützung bei der Überlegung: Wie geht es, Haltung für den pädagogischen Alltag und darüber hinaus zu erklären/erlebbar zu machen?

Die Einladungen zum Dialog geben mir die Möglichkeit, einen methodischen, inhaltlichen und reflexiven Rahmen zu gestalten, der im ersten Schritt als Bestätigung der bereits vorhanden „HALTUNGS"-Kompetenzen dient.

Der zweite Schritt, bei dem es sich um die Bestandsaufnahme oder besser gesagt um die Inventur der eigenen Inhalte, Bilder, Kommunikationsholprigkeiten etc handelt, ist für mich das Herzstück der dialogischen Haltung. Ist die Selbstreflexion abgeschlossen, also der Bedarf festgestellt, ist die halbe Arbeit getan und ich kann dann mit passenden Methoden darauf reagieren.

Welche der vielen durchgeführten Projekte der Elternbegleiter:innen, die Sie inhaltlich betreut haben, haben Sie nachhaltig beeindruckt?

Das eigene Projekt zu planen, umzusetzen, zu verschriftlichen und zu präsentieren ist im Leben jeder einzelnen Person ein Prozess mit sehr individueller Dramaturgie. Das nachhaltigste für mich ist die persönliche Entwicklung jedes Kurs-Teilnehmenden mitbegleiten zu dürfen. Und alle, ohne Ausnahme, machen sich tagelang auf die Suche nach dem passenden Projekt für die eigene Idee der Elternbegleitung.

Persönlich wegen meiner queer-arbeiterklasse-migrantisch geprägten Biographie sprechen mich die Projekte an, bei denen die Teilnehmenden den Mut haben, die Macht der eigenen Privilegien zu reflektieren und solidarisch mit marginalisierten Familiensystemen sind.

Seit über 10 Jahren gibt es nun „Elternbegleitung“. Wenn Sie an die nächsten 10 Jahre Elternbegleitung denken: Wie sehen Sie das zukünftige Aufgaben- und Tätigkeitsfeld der Elternbegleitung?

Wenn ich mir etwas Wünschen dürfte, würde ich den erprobten Inhalt der Elternbegleitung fest im Curriculum der Ausbildung zur Erzieherin / zum Erzieher implementieren wollen. Die vielen zufriedenen zertifizierten Kolleg:innen bestätigen mich seit Jahren darin, dass es ein wichtiges und wertvolles Konzept für die alltägliche Arbeit ist.

Unser Fokus wäre es, konzeptionell um Nachhaltigkeit der Inhalte zu sorgen. Dafür könnten die vielen unterschiedlichen Formate, die bereits stattfinden, weiter durchgeführt werden -und natürlich ja nach Bedarfen neue Formate entwickelt werden.

 

 

 

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